20. G·E·M Markendialog 2016
Innovation neu denken – Energie für die Marke
25. Februar 2016
SEMINARIS CampusHotel Berlin
Zum 20. Mal führte die Gesellschaft zur Erforschung des Markenwesens ihre Frühjahrsveranstaltung durch - den G·E·M Markendialog. Das Thema am 25. Februar 2016 im Science & Conference Center des SEMINARIS CampusHotel Berlin lautete:
Innovation neu denken – Energie für die Marke

Zwei Themen, so Friedrich Neukirch, Präsident der G·E·M, in seiner Begrüßung, werden für die Markenführung immer wichtiger: Innovation und Wertewandel. Zwei Themen, über die viel gesprochen, geschrieben und diskutiert wird. Das Kuratorium der G·E·M hat sich mit beiden Themen eingehend befasst und den Blick auf viele thematische Details gerichtet. Vor allem beim Thema „Innovation“ bestand große Unsicherheit, was man in Wissenschaft und Praxis darunter versteht. Damit aber wurde das Thema nur noch spannender.
Aus den Diskussionen im G·E·M Kuratorium ist der 20. G·E·M Markendialog »Innovation neu denken – Energie für die Marke« hervorgegangen – mit vier Themen:
1. Kunststück Innovation – was erfolgreiche Innovatoren verbindet
2. Wandel im Wertewandel verlangt innovatives Denken in der Markenführung
3. Innovationen als „neue Kombinationen“ zur Verfügung stehender Ressourcen
4. Innovationen brauchen eine Unternehmenskultur.
Für die Aufbereitung dieser Themen konnten äußerst kompetente Referenten aus Wissenschaft und Praxis gewonnen werden:
Für die Keynote-Speech Prof. Dr.-Ing. habil. Hans-Jörg Bullinger, der Innovation als eine Herausforderung, ein Wagnis, Ziel und eine Reise begreift. Für den ersten Themenblock Prof. Dr. Christian Scholz, der sich umfassend mit dem Wertewandel der Generation Z befasst, und Frank Niewöhner, der bei den Ford-Werken an einer Markeninitiative als Antwort auf den Wertewandel mitwirkt. Für den zweiten Themenblock Sohrab Mohammad, der als Jungunternehmer bestehende Ressourcen rund um das Reiskorn innovativ kombiniert, und Wolfgang K.A. Disch, der Schumpeters Gedanken zur Innovation aufbereitet. Für den dritten Themenblock Prof. Dr. Sören Salomo, der für Innovationen im Unternehmen eine Unternehmenskultur empfiehlt, und Dr. Michael Seibold, der am Beispiel von Hauff-Technik gelebtes Innovationsklima beschreibt.
Überschrieben war der 20. G·E·M Markendialog mit einem Gedanken von Aristoteles: »Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen«.
Keynote:
Kunststück Innovation – was erfolgreiche Innovatoren verbindet

Die Keynote-Speech hielt Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil., Prof. e.h. mult., Dr. h.c. mult. Hans-Jörg Bullinger, von 2002 bis 2012 Präsident, seit 2013 Senator der Fraunhofer-Gesellschaft. Bullinger gilt als einer der kompetentesten Wissenschaftler, wenn es um das verständliche und spannende Aufbereiten des Themas „Innovation“ geht, so Friedrich Neukirch in seiner Einführung.
Professor Bullinger misst dem Thema Innovation eine hohe Bedeutung zu: „Das Thema Innovation ist für unsere gesamte Gesellschaft von substanziellem Interesse“. Aber er macht auch klare Ansagen: „Wir müssen besser werden, wir müssen aber auch schneller werden mit Innovationen“. Und: „Wir dürfen Innovationen nicht nur fordern, wir müssen sie auch fördern“.
Für Bullinger ist jede Innovation, die glückt, ein "Kunststück", denn die Chancen zu scheitern, sind nicht gering. Doch diese Kunst kann man erlernen. Bei Fraunhofer arbeite man an vielen Projekten – so Bullinger – und man habe mal geschaut, was die erfolgreichen Innovatoren auszeichnet. Es seien eigentlich vier Punkte:
1. Eine klare Strategie
2. Das beste Team und beste Arbeitsbedingungen
3. Einen unbeugsamen Willen zum Gewinnen
4. Laufend Qualitäts- und Ergebniskontrollen.
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Block I:
Wandel im Wertewandel verlangt innovatives Denken in der Markenführung

Im ersten Themenblock geht es um die Wertvorstellungen der Menschen, die sich zu allen Zeiten verändert haben. Die „aktuelle“ Diskussion wurde in den 1970er Jahren von Ronald Inglehart angestoßen: Eine Abwendung von materiellen Werten und eine Zuwendung zu postmateriellen Werten. 2002 formuliert der Mainzer Soziologe Prof. Dr. Stefan Hradil den Begriff „Wandel des Wertewandels“: Die neue Suche nach Sicherheit, Ordnung und Gemeinschaft in einer individualisierten Gesellschaft. 2014 bringt Prof. Dr. Christian Scholz sein Buch heraus: „Generation Z. Wie sie tickt, was sie verändert und warum sie uns alle ansteckt“.
Aus der Wissenschaft:
Die Generation Z in ihrer Rolle als „etwas anderer“ Konsument.
Univ.-Prof. Dr. Christian Scholz, Universität des Saarlandes
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2013 legt Ford seine „Automotive Zeitgeist“ Studie zum ersten Mal auf, seitdem jedes Jahr. Man will genauer erfahren, wie sich die eigene Kundschaft verändert und was das für die Führung der Marke Ford bedeutet. Es entstand die „Ford Markeninitiative“ in der Verantwortung von Reinhard Zillessen, Marketing Direktor, und Frank Niewöhner, Leitung Marketingkommunikation.
Aus der Praxis:
Umstellung der Markenkommunikation in Reflexion auf den Wertewandel.
Frank Niewöhner, Leitung Marketingkommunikation, Ford-Werk GmbH, Köln.
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Block II:
Innovationen als „neue Kombination“ zur Verfügung stehender Ressourcen

Der Begriff „neue Kombinationen“ im Zusammenhang mit Innovation stammt von Joseph Schumpeter. 1910 schrieb er in seinem Beitrag „Über das Wesen der Wirtschaftskrisen“: „Das Wesen der wirtschaftlichen Entwicklung liegt darin, dass die Produktionsmittel, die bisher bestimmten statischen Verwendungen zugeführt wurden, aus dieser Bahn abgelenkt und in den Dienst neuer Zwecke gestellt werden. Diesen Vorgang bezeichnen wir als die Durchsetzung neuer Kombinationen .“ Auf diesem Grundgedanken von Schumpeter basiert die Headline zum zweiten Themenblock: Innovationen sind neue und andersartige Kombinationen der zur Verfügung stehenden Ressourcen.
Unter der Überschrift „Von Schumpeter lernen“ bereitet Wolfgang K.A. Disch die Grundgedanken Schumpeters (des Innovationspioniers, des Begründers der Innovationsforschung, des Prophet of Innovation) zur „Innovation“ auf und fasst diese in fünf Thesen zusammen:
- Innovation ist nicht notwendig etwas aufsehenerregend Wichtiges
- Aufgabe des Unternehmers ist das „Kunden innovieren“
- Innovationen sind neue und andersartige Kombinationen der zur Verfügung stehenden Ressourcen
- Innovation ist ein Prozess, der von innen heraus revolutioniert, die alte Struktur zerstört und unaufhörlich eine neue schafft
- Eine nicht durchgesetzte Erfindung ist tot. Das Leben kann ihr erst die Innovation einhauchen.

Was Innovationen als „neue Kombinationen“ zur Verfügung stehender Ressourcen in der Praxis bedeuten kann, schildert Dipl.-Wirt-Ing. Sohrab Mohammad, Geschäftsführender Gesellschafter der 2011 in Bremen gegründeten Reishunger GmbH in seinem Vortrag „Innovativ rund um das Reiskorn“. Er beschreibt, wie er und sein Partner Torben Buttjer für ein doch so klassisches Produkt wie Reis Innovation betrieben haben, die zu etwas für den Verbraucher bisher ungewohnt Neuem geführt hat.
22 Reissorten aus 13 Ländern, direkt bei Reismühlen oder Bauern gekauft, hat Reishunger im Angebot. Hinzu kommen Zubehör und Zutaten für Reisgerichte. Insgesamt über 300 Produkte rund um das Reiskorn werden heute unter der Marke „Reishunger“ auf dem Onlineshop reishunger.de an tausende Kunden in Deutschland, Österreich und der Schweiz verkauft.
Sohrab Mohammad macht anschaulich, was das Innovative bei Reishunger ist – und schlägt damit die Brücke zu Schumpeter: Bei Reishunger hat man bestehende Ressourcen neu miteinander verknüpft.
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Block III:
Innovationen brauchen eine Unternehmenskultur

Der dritte Themenblock handelt von der ganzheitlichen Ausrichtung des Unternehmens auf Innovationen. Aus der Sicht der Wissenschaft bereitet Prof. Dr. Sören Salomo, Professor für Innovation Management an der DTU Technical University of Denmark, Kopenhagen, das Thema „Innovationen im Unternehmen verankern“ auf. Diese Verankerung ist entscheidend für den Erfolg von Innovationen. Denn: Auch intern haben wir einen Markt, der Neues übernehmen muss – unsere Mitarbeiter. Dabei sind Adoptionsbarrieren zu überwinden. Hier ist das Innovationsmanagement gefordert. Zum Beispiel fragen Mitarbeiter: Haben wir eine Kultur, die es mir erlaubt, dass ich wage zu wissen und dieses Gewagte auch auszusprechen? Dabei geht es eigentlich um die formale Organisation. Aber jede Aktivität in der formalen Organisation hat ein spill-over ins Informale. Und das Informale ist bei der Innovation das Wichtigere. Denn die Unsicherheit ist hoch, weil wir nicht alles planen können. Wir müssen uns darauf verlassen können, dass wir einen shared mindset im Kopf haben, damit alle im Unternehmen selbst in unvorhergesehenen Situationen richtig handeln. Deswegen ist die Kultur im Bereich Innovationen viel wichtiger als in vielen anderen Bereichen. Im innovativen Kontext ist sie entscheidend.

Wie eine Innovationskultur, ein Innovationsklima in einem Unternehmen bewusst gelebt wird, darüber berichtet Dr.-Ing. Michael Seibold, Geschäftsführer der Hauff-Technik GmbH & Co KG, Hermaringen, in seinem Beitrag „Mit Begeisterung flexibel“. Hauff-Technik ist als mittelständisches Unternehmen einer der europaweit führenden Hersteller von Kabel- und Rohrabdichtungssystemen. Seit 1955 zieht sich das Thema Innovation als roter Faden durch die Unternehmensgeschichte.
Es sei eigentlich ganz leicht zu innovieren, sagt Dr. Seibold. Es ist vor allen Dingen kein Privileg einer Elite im Unternehmen. Und das ist vielleicht einer der wichtigsten Schritte: Jeder, jede, egal, ob in der Fertigung, in der Administration oder …, jeder kann innovieren. Das bedeutet Kultur des Unternehmens, die die Voraussetzung bildet, damit Innovationen zum Leben kommen, andererseits die ganze Firma das trägt.
Wir haben zwei große Felder: Das eine ist ein sogenannter singulärer Innovationsprozess. Entwicklungsprojekte, das sind Produkt- und Vertriebsinnovationen. Parallel gibt es den kontinuierlichen Verbesserungsprozess, den Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mit Begeisterung leben.
Innovation muss raus aus den abgeschlossenen Abteilungen der Technik-Freaks, Innovation muss im gesamten Unternehmen gelebt werden. Das heißt: Mitarbeiter können ihre Innovationskraft ohne administrative Hürden einsetzen. Mit Begeisterung. Innovation lebt von Disziplin und Führung, aber auch von Spaß und einem motivierten Team. Und: Ein guter Innovator stört auch mal. Wichtig ist, die Lust der Mitarbeiter auf Innovationen gezielt zu fördern, immer wieder Lust aufs Neue zu machen.
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Vorabendveranstaltung
Seit 2004 ist der G·E·M Markendialog flankiert durch eine Vorabendveranstaltung. Am Vorabend zum 15. G·E·M Markendialog, am 23. Februar 2011, wurde erstmals der »G·E·M Award« für Menschen, die hinter der Marke stehen, für Vordenker auf dem Gebiet des Markenwesens verliehen.
Ausgezeichnet mit dem »G·E·M Award« 2011 wurde Emil Underberg, mit dem »G·E·M Award« 2012 Albert Darboven, mit dem »G·E·M Award« 2013 Anton Wolfgang Graf von Faber-Castell, mit dem »G·E·M Award« 2014 Dr. h.c. August Oetker, mit dem »G·E·M Award« 2015 Prof. Götz W. Werner und am Vorabend zum 20. G·E·M Markendialog, am 24. Februar 2016, mit dem »G·E·M Award« 2016 Herbert Hainer.
Ausführliche Berichte: www.gem-online.de/award
Die Dokumentation zum 20. G·E·M Markendialog „Innovation neu denken – Energie für die Marke“ und zur Verleihung des 6. G·E·M Award an Herbert Hainer ist Ende Mai 2016 erhältlich als PDF zum Download und als Printversion im Book Shop der G·E·M: www.gem-online.de/books
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Bericht: Wolfgang K.A. Disch, Hamburg
Fotos: Christian Kruppa, Berlin
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